Was haben Wurst, Asbest und Nikotin gemeinsam?

… sie gelten als krebserregend. Bereits im Jahr 2015 hat die Weltgesundheitsorganisation eindeutig davor gewarnt verarbeitetes Fleisch zu essen. Es macht uns nachweislich krank. Aber viel zu wenig Menschen wissen das.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bereits im Jahr 2015 eindeutig davor gewarnt verarbeitetes Fleisch zu essen. 1 Sie hat Wurst und alles verarbeitete Fleisch als krebserregend eingestuft. Dieser Befund ist in der Bevölkerung viel zu wenig angekommen. Kaum einer meiner Freunde wusste davon.

Verarbeitetes Fleisch, wie Salami, Schinken und Wiener Würstchen, wurde von der WHO genau wie Asbest und Nikotin als „für den Menschen krebserregend“ in Gruppe 1 der krebserregenden Stoffe eingruppiert. In diese Gruppe fallen Stoffe die erwiesenermaßen die Wahrscheinlichkeit für Krebs erhöhen. 2

Unverarbeitetes rotes Fleisch, zum Beispiel von Rind, Schwein und Lamm, haben die Forscher in Gruppe 2A – „wahrscheinlich krebserregend“ – eingestuft. Das heißt, es gibt eindeutige Hinweise, aber die Beweislage ist nicht ganz so sicher, wie bei verarbeitetem Fleisch. Für Geflügel und Fisch gilt diese Warnung nicht.







© Cancer Research UK

Die Weltgesundheitsorganisation spricht grundsätzlich nur Warnungen aus, wenn die Datengrundlage sehr umfassend ist. 3 Im Jahr 2015 haben 22 Wissenschaftler aus 10 Ländern, die der Internationalen Krebsforschungsagentur (International Agency for Research on Cancer, IARC) angehören, über 800 Studien ausgewertet und die Ergebnisse als Basis für die WHO-Einschätzung zusammengefasst. 4

Erhöhter Konsum vor allem von verarbeiteten Fleischprodukten, aber auch von unverarbeitetem roten Fleisch, erhöht die Wahrscheinlichkeit für verschiedene chronische Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, unterschiedliche Krebsarten, wie Darm-, Magen- und Brustkrebs, und Diabetes. 5 | 4 | 6 | 7

Wissenschaftler der renommierten Universität Harvard haben herausgefunden, dass bereits der tägliche Konsum von mehr als 50 g verarbeitetem Fleisch – das entspricht einer Scheibe Kochschinken – das Sterblichkeitsrisiko um 20 Prozent steigert. 6 Die gute Nachricht ist, wer ein Fleischgericht durch Fisch, Geflügel, Milchprodukte, Hülsenfrüchte oder Vollkornprodukte ersetzte, kann sein Sterblichkeitsrisiko signifikant verringern. 6

Was ist verarbeitetes Fleisch?

Als verarbeitetes Fleisch werden Fleischprodukte bezeichnet, die durch Verarbeitungsprozesse, wie Räuchern, Pökeln oder Salzen, verändert wurden. Dazu zählen alle Wurstwaren, Schinken, Hackfleischprodukte und Fleischkonserven. Leider auch Hot Dogs und Burger. 8

Bas Kast, Autor von der Ernährungskompass, schreibt dazu: „Wurst ist eigentlich gar kein Fleisch im engeren Sinne, es ist ein fettreiches Industrieprodukt mit Spurenelementen von Protein.“ 9

Was ist rotes Fleisch?

Als rotes Fleisch wird unverarbeitetes Fleisch von Rind, Lamm und Schwein bezeichnet. 10 Geflügelfleisch und Fisch gehören nicht dazu.

Wie viel Fleisch essen die Deutschen?

Die Deutschen essen rund 60 Kilogramm Fleisch pro Jahr, davon circa 29 Kilogramm Wurst. 11 Das ist eindeutig ungesund und viel zu viel.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche zu essen, 12 also 40 bis 80 Gramm pro Tag. Aber Vorsicht, dieser Wert ist schnell überschritten. Denn bereits eine Scheibe Schinken wiegt 50 g. Diese Empfehlung wird vor allem dann schnell überschritten, wenn Fleisch bei jeder Mahlzeit auf dem Speiseplan steht. Siehe hierzu auch die Übersicht der Verbraucherzentrale Hamburg.

Viele Ernährungsmediziner warnen angesichts der Datenlage, dass die Richtwerte der Deutsche Gesellschaft für Ernährung zu lasch seien und raten dazu, nicht mehr als 20 Gramm verarbeitetes Fleisch pro Tag zu essen. 13

Für viele Fleischesser sind das sehr schlechte Nachrichten, zumal der Verzehr von Fleisch auch Vorteile für die Ernährung hat. Denn Fleisch enthält Eisen, Zink, Selen und Vitamine der B-Gruppe in gut aufnehmbarer Form. Trotzdem zeigen viele Studien, dass unsere Gesundheit gefördert wird, wenn wir statt tierischem Protein mehr pflanzliche Proteine essen. 14 | 15

Wahrscheinlich erhöht eine gelegentliche Fleischmahlzeit auch nicht das Krebsrisiko. Aber wer über Jahre große Mengen von verarbeitetem oder rotem Fleisch isst, setzt sich nachweislich einem erheblichen Gesundheitsrisiko aus. Jede Portion verarbeitetes Fleisch mehr (1 Portion = 50 Gramm) erhöht das Risiko zusätzlich. 6 Versuchen Sie also zunächst eine Fleischportion durch eine pflanzliche Alternative zu ersetzen und verringern Sie so nach und nach Ihren Fleischkonsum.

Warum macht verarbeitetes Fleisch krank?

Es ist noch nicht klar, warum verarbeitest Fleisch so krank macht. Es gibt verschiedene Vermutungen. Beim hohen Erhitzen von Fleisch können krebserregende Stoffe (Amine) entstehen. Auch der hohe Anteil der gesättigten Fettsäuren könnte eine wesentliche Rolle spielen. Außerdem ist verarbeitetes Fleisch oft gepökelt oder enthält Salze, die durch die Magensäure zu krebserregende Nitrosamine umgebaut werden können. 5 Vielleicht ist auch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren ausschlaggebend. Die genauen biochemischen Mechanismen, die Fleisch so ungesund machen, müssen noch besser verstanden und erforscht werden.

Fleischkonsum und Umwelt

Hoher Fleischkonsum belastet nicht nur unsere eigene Gesundheit, sondern auch die des Planeten. Für kein anderes Konsumgut wird so viel Land benötigt wie für die Herstellung von Fleisch und Milch – 77 Prozent des globalen Agrarlands. 16 Außerdem trägt die immense Tierhaltung zu erheblichen Treibhausgasemissionen, hohem Frischwasserverbrauch und Grundwasserverschmutzung bei. Unabhängig davon steigt der Fleischkonsum weltweit von Jahr zu Jahr.

Nur entsprechende politische Richtlinien und verändertes Konsumentenverhalten können hier entgegenwirken. Dazu gehören auch faire Preise für Fleisch. Eine Umfrage des Bundeslandwirtschaftsministeriums zeigt, dass inzwischen 88 Prozent der Deutschen bereit sind, mehr Geld für Fleisch auszugeben, wenn die Tiere besser gehalten werden. 16

Fazit

Die umfangreiche wissenschaftliche Datenlage spricht eindeutig dafür verarbeitetes Fleisch, wie Schinken, Salami und andere Wursterzeugnisse drastisch zu reduzieren oder sogar ganz zu meiden. Außerdem sollte der Verbrauch an rotem Fleisch von Rind und Schwein gesenkt werden. Wir brauchen einen grundsätzlichen Wandel im Fleischkonsum. Ziel wäre, dass das billige Fleisch von Tieren aus unwürdiger und gesundheitsschädlicher Massenhaltung zunehmend aus den Supermarktregalen verschwindet. Gönnen Sie sich stattdessen hin und wieder ein schönes Stück Fleisch, den altbewährten „Sonntagsbraten“. Am besten von einem artgerecht gehaltenen und artgerecht gefütterten Tier. Also zum Beispiel von einem grasgefütterten Rind in Bio-Qualität. Noch gesünder wäre Bio-Fleisch von Huhn oder Pute aus Freilandhaltung. Damit tragen Sie maßgeblich zur Förderung Ihrer Gesundheit, dem Umweltschutz und dem Tierwohl bei.

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Titelbild von  Charles 🇵🇭 on Unsplash

Referenzen

  1. World Health Organization (2015). IARC Monographs evaluate consumption of red meat and processed meat. Press Release N° 240. Abgerufen von https://www.iarc.fr/wp-content/uploads/2018/07/pr240_E.pdf
  2. Bouvard, V., Loomis, D., Guyton, K. Z., Grosse, Y., Ghissassi, F. E., Benbrahim-Tallaa, L., . . . International Agency for Research on Cancer Monograph Working, G. (2015). Carcinogenicity of consumption of red and processed meat. Lancet Oncol, 16(16), 1599-1600. doi: 10.1016/S1470-2045(15)00444-1
  3. International Agency for Research on Cancer (IARC). (2018). Red Meat and Processed Meat (Vol. 14). Lyon, Frankreich: International Agency for Research on Cancer (IARC). Abgerufen von https://publications.iarc.fr/Book-And-Report-Series/Iarc-Monographs-On-The-Identification-Of-Carcinogenic-Hazards-To-Humans/Red-Meat-And-Processed-Meat-2018
  4. Bouvard, V., Loomis, D., Guyton, K. Z., Grosse, Y., Ghissassi, F. E., Benbrahim-Tallaa, L., . . . International Agency for Research on Cancer Monograph Working, G. (2015). Carcinogenicity of consumption of red and processed meat. Lancet Oncol, 16(16), 1599-1600. doi: 10.1016/S1470-2045(15)00444-1
  5. Wang, X., Lin, X., Ouyang, Y. Y., Liu, J., Zhao, G., Pan, A., & Hu, F. B. (2016). Red and processed meat consumption and mortality: Dose–response meta-analysis of prospective cohort studies. Public health nutrition, 19(5), 893-905.
  6. Pan, A., Sun, Q., Bernstein, A. M., Schulze, M. B., Manson, J. E., Stampfer, M. J., . . . Hu, F. B. (2012). Red meat consumption and mortality: results from 2 prospective cohort studies. Archives of internal medicine, 172(7), 555-563. doi: 10.1001/archinternmed.2011.2287
  7. Micha, R., Wallace, S. K., & Mozaffarian, D. (2010). Red and Processed Meat Consumption and Risk of Incident Coronary Heart Disease, Stroke, and Diabetes Mellitus. Circulation, 121(21), 2271-2283. doi: doi:10.1161/CIRCULATIONAHA.109.924977
  8. World Health Organization (2015). Q&A on the carcinogenicity of the consumption of red meat and processed meat. Abgerufen am 30.09.2019 von https://www.who.int/features/qa/cancer-red-meat/en/
  9. Kast, B. (2018). Der Ernährungskompass: Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung – Mit den 12 wichtigsten Regeln der gesunden Ernährung: C. Bertelsmann Verlag.
  10. World Health Organization (2015). Q&A on the carcinogenicity of the consumption of red meat and processed meat. Abgerufen am 30.09.2019 von https://www.who.int/features/qa/cancer-red-meat/en/
  11. Statista (2019). Abgerufen am 30.09.2019 von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36573/umfrage/pro-kopf-verbrauch-von-fleisch-in-deutschland-seit-2000/ & https://de.statista.com/statistik/daten/studie/163791/umfrage/pro-kopf-konsum-von-wurstwaren-und-sonstigen-fleischerzeugnissen-in-deutschland/
  12. Ernährung, D. G. f. (2017). Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE. Bonn: Deutsche Gesellschaft für Ernährung. https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/fm/10-Regeln-der-DGE.pdf
  13. Gesundheitsmagazin Visite des NDR. (2019). Wie Wurst krank macht. Abgerufen von https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Wie-Wurst-krank-macht,wurst296.html
  14. Song, M., Fung, T. T., Hu, F. B., Willett, W. C., Longo, V. D., Chan, A. T., & Giovannucci, E. L. (2016). Association of Animal and Plant Protein Intake With All-Cause and Cause-Specific Mortality. JAMA Intern Med, 176(10), 1453-1463. doi: 10.1001/jamainternmed.2016.4182
  15. Viguiliouk, E., Stewart, S. E., Jayalath, V. H., Ng, A. P., Mirrahimi, A., de Souza, R. J., . . . Sievenpiper, J. L. (2015). Effect of Replacing Animal Protein with Plant Protein on Glycemic Control in Diabetes: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. Nutrients, 7(12), 9804-9824. doi: 10.3390/nu7125509
  16. Heinrich-Böll-Stiftung. (2019). FLEISCHATLAS 2018. Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. Berlin: Heinrich-Böll-Stiftung, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland & Le Monde Diplomatique

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