Wenn Geld mit Geld verdient wird, sind die daraus resultierenden Kapitalerträge wie Dividenden, Kursgewinne und Zinsen einkommenssteuerpflichtig. Um die Besteuerung von Kapitalerträgen zu vereinfachen, gilt in Deutschland seit 2009 die Abgeltungssteuer. Da die Abgeltungssteuer eine sogenannte Quellensteuer ist, behält Ihr Finanzinstitut die Steuer für Sie ein und überweist die Pauschale direkt an das Finanzamt.
Das Investmentsteuergesetz (Abkürzung: InvStG) regelt in Deutschland die Besteuerung von Investmentfonds. 1 Das aktuelle Gesetzt trat am 1. Januar 2018 in Kraft. Eine grundlegende Neuerung ist, dass alle Fonds nach der gleichen Systematik besteuert werden, nämlich anhand einer jährlichen Pauschale.
Die Steuergesetzgebung ändert sich über die Jahre immer wieder. Wer einen langen Anlagehorizont von 20 bis 30 Jahren hat, sollte sich darauf einstellen, dass er noch mehrere Steuerreformen erleben wird.
Abgeltungsteuer
Abgeltungsteuer wird auf Erträge und Kursgewinne aus ETFs fällig und beträgt aktuell 25 Prozent. Hinzu kommen der Solidaritätszuschlag (und ggf. Kirchensteuer).
Daumenregel: 26% Steuern auf ETFs
Die Abgeltungsteuer wird für Dividendenausschüttungen und Kursgewinne bei Verkauf fällig. Buchgewinne während der Haltezeit und direkt wieder angelegte Dividende (thesaurierender Fond) werden zunächst mit der Vorabpauschale belastete. Bei Realisierung der Gewinne durch Verkauf wird diese vorab gezahlte Pauschale mit der nun fälligen Abgeltungsteuer verrechnet.
Für die Besteuerung sind vier Kennzahlen erforderlich:
- die Höhe der Ausschüttungen
- der Wert des Fondsanteils am Jahresanfang
- der Wert des Fondsanteils am Jahresende
- der Fondtyp
Die Abgeltungsteuer wird sofort nach Realisierung des Gewinns vom Online-Broker einbehalten und automatisch an den deutschen Fiskus abgeführt.
Die Einkommenssteuerpflicht ist an den Wohnsitz gebunden und gilt auch bei Kapitaleinkünften, die außerhalb von Deutschland irgendwo in der Welt erzielt wurden.
Vorabpauschale
Alle Kursgewinne von ETFs werden jährlich und anhand der sogenannten Vorabpauschale besteuert. Wirtschaftlich betrachtet ist die Vorabpauschale eine vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen. Daher wird die Vorabpauschale beim Verkauf der Fondsanteile auch vom tatsächlichen Veräußerungsgewinn abgezogen. Im Folgenden ist die Berechnung der Vorabpauschale dargestellt.
Berechnung der Vorabpauschale
Vorabpauschale = Basisertrag minus Ausschüttungen
Anmerkung. Die Vorabpauschale kann niemals negativ werden. Der Wert ist immer mindestens 0.
Was ist der Basisertrag?
Der Basisertrag ist der Maximalbetrag, der versteuert werden muss. Wenn keine Gewinne gemacht wurden, liegt er bei null. Von ihm werden für die Vorabpausschale die Ausschüttungen abgezogen. Da diese realisierte Gewinne sind und mit der Abgeltungssteuer versteuert werden müssen. Die Berechnung des Basisertrags entnehmen Sie den folgenden Ausführungen.
Basisertrag = ETF-Wert zum Jahresanfang x Basiszins x Teilfreistellung
Anmerkung. Der Basisertrag kann niemals negativ werden. Der Wert ist immer mindestens 0.
er Basiszins wird jährlich vom Bundesfinanzministerium festgelegt. Er ist aus der langfristig erzielbaren Rendite von deutschen Bundesanleihen abgeleitet und soll den risikofreien Zins am Markt angeben. Der Basiszins des Finanzministeriums lag 2018 bei 0,87 Prozent und liegt 2019 bei 0,52 Prozent. Er ist auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums abrufbar. 2
Anleger müssen nicht für die gesamten Erträge Abgeltungssteuer abführen, sondern nur für einen Teil. Die Höhe dieser Teilfreistellung hängt von der Fondart ab:
- bei einem Fonds, der mindestens 51 Prozent in Aktien anlegt, bekommt der Privatanleger 30 Prozent der Ausschüttungen steuerfrei
- bei einem Mischfonds mit wenigstens 25 Prozent Aktienanteil sind es 15 Prozent
- Besitzer von Immobilienfondsanteilen bekommen eine Freistellung von 60 Prozent. Investiert der Fonds vor allem in ausländische Immobilien (zu mindestens 51 Prozent), sind sogar 80 Prozent steuerfrei
Die Formel für den Basisertrag eines Aktien-ETFs für 2019 lautet also:
Basisertrag = ETF Wert zum Jahresanfang x 0,52 x 0,7
Steuern während der Haltezeit von ETFs zum Jahresende
Steuer auf Ausschüttungen = Ausschüttungen x Teilfreistellung x Steuersatz
Steuer auf Vorabpauschale = Vorabpauschale x Teilfreistellung x Steuersatz
Anmerkung: Steuersatz = 26, 375%
Beispiel: Besteuerung der Ausschüttung von 300 € = 300 € x 0,7 x 0,26375 = 55,39 €
Während der Haltezeit von ETFs muss die Abgeltungssteuer auf Dividende direkt bei Ausschüttung bezahlt werden. Auf Kursgewinne wird jährlich zum 2. Januar die Vorabpauschale fällig. Alle Steuern werden direkt von der Depotbank abgeführt.
Steuern bei Verkauf von ETFs
Steuern bei Verkauf = (Gewinn/Verlust minus Vorabpauschale) x Teilfreistellung x Steuersatz
Anmerkung: Steuersatz = 26,375%
Alle Vorabpauschalen, die während der Haltedauer des Fonds angesetzt wurden, werden auf den Verkaufserlös in voller Höhe angerechnet. Diese Erträge müssen Sparer somit kein zweites Mal besteuern. Vom verbleibenden Verkaufserlös sind dann bei Aktienfonds 30 Prozent steuerfrei, bei Mischfonds 15 Prozent.
Die Steuermethodik bewirkt, dass ausschüttende und thesaurierende Fonds während der Haltedauer steuerlich unterschiedlich belastet werden können, spätestens aber bei Verkauf gleichgestellt sind.
Steuer-Beispiel: Thesaurierender ETF Wert der Fondsanteile am 01.01.2018: 10.000 Euro Wert der Fondsanteile am 31.12.2018: 11.000 Euro Ausschüttungen: 0 Euro Kursentwicklung: 1.000 Euro Gesamtergebnis: 1.000 Euro Basisertrag = 10.000 € x 0,011 x 0,7 = 77 € Vorabpauschale = 77 € – 0 € = 77 € Besteuerung der Ausschüttung = 0 € x 0,7 x 26,375% = 0 € Besteuerung der Vorabpauschale = 77 € x 0,7 x 26,375% = 14,22 € Steuerlast insg. = 0 € + 14,22 € = 14,22 € Verkauf zum 31.12.2018 zu 11.000 €: Steuer beim Verkauf = (11.000 € – 10.000 € – 77 €) x 0,7 x 0,26375 = 170,41 € Gesamtsteuer = 170,41 € + 14,22 € = 184,63 € Quelle justETF |
Weitere Beispiele bei justETF
ETF-Steuerrechner
Der sehr hilfreiche Steuerrechner von justETF unterstützt Sie dabei, die steuerlichen Auswirkungen für verschiedene Anlagefälle durchzuspielen.
Thesaurier oder Ausschütter
Ist es sinnvoller einen thesaurierende oder einen ausschüttenden Fond zu haben? Im Folgenden werden thesaurierende und ausschüttende Fonds verglichen.
Vergleich: Thesaurier vs. Ausschütter
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Steuerfreibetrag
Jeder Privatanleger darf von seinen Einkünften aus Kapitalvermögen (z. B. Einnahmen aus Zinsen und Dividenden) bis zu 801 Euro steuerfrei behalten. Für ein Ehepaar, das sich zusammen veranlagen lässt, gilt der doppelte Betrag, also 1.602 Euro. Diesen sogenannten Sparerpauschbetrag gibt es seit 2009. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, ab welcher Depot-Größe man den Freibetrag überschreitet. Bei 4% Gewinn (Kursgewinn und Dividende), muss das Depot kleiner als 20.000 Euro sein, um diese Grenze nicht zu überschreiten, bei Gewinnen von 8% muss das Depot kleiner als 10.000 Euro sein.
Steuerfreibetrag pro Kind. Da minderjährige Kinder als vollwertige Steuerzahler gelten, haben Kinder auch einen Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro pro Jahr. Unter Umständen macht es daher Sinn ein Depot für seinen Sprössling einzurichten.
FAQs
Wer führt die Steuern ab?
Wer ETFs bei einem inländischen Online-Broker hat (z.B. bei der Comdirect oder DKB) muss in Bezug auf die Steuern nichts machen. Die Depotbank führt die Steuern (Vorabbauschale, Abgeltungssteuer) direkt an das Finanzamt ab. Allerdings muss die Summe auf dem Verrechnungskonto liegen!
Muss ich bei Verlusten Steuern zahlen?
Anleger müssen bei einem ausschüttenden Fonds laufend Dividenden versteuern – auch in einem Verlustjahr. Denn es wurden ja Dividenden ausgeschüttet. Anleger thesaurierender Fonds zahlen im Verlustjahr keine Steuern. Sollte der Fonds einen Zickzack-Kurs einschlagen, also beispielsweise in einem Jahr gewinnen und den Gewinn im nächsten Jahr wieder einbüßen, so würde der Anleger im Gewinnjahr normal die Vorabpauschale versteuern.
Was ist besser ein thesaurierender oder ausschüttender ETF?
Anleger mit dem Ziel der Steuerstundung, also der Hinauszögerung der Steuerzahlung, fahren mit thesaurierenden ETFs etwas besser. Siehe auch Abschnitt ‚Thesaurier oder Ausschütter‘.
Gibt es Unterschiede zwischen den Replikationsmethoden?
Es gibt keine steuerlichen Unterschiede zwischen physisch replizierenden und synthetischen, also Swap-basierten, ETFs. Diese gab es vor der aktuellen Steuergesetzgebung, also vor dem 1.1.2018.
Was gibt es bei thesaurierenden ETFs zu beachten?
Ab 2018 gilt für alle thesaurierenden ETFs – egal welches Domizil und welche Replikationsmethode – dass jährlich Steuern auf Erträge bzw. auf die Vorabpauschale gezahlt werden müssen, wenn diese den Pauschbetrag übersteigen. Seit 2018 müssen Anleger nicht mehr die eigentlichen Dividenden und ausschüttungsgleichen Erträge bei Fonds versteuern. 3 Anleger von thesaurierenden Fonds müssen den Betrag für die Besteuerung der Vorabpauschale zum 02. Januar eines jeden Kalenderjahres auf ihrem Verrechnungskonto liegen haben.
Warum haben Anbieter ihre thesaurierenden Fonds auf ausschüttende umgestellt?
Einige Depotbanken wie die Comstage von der Commerzbank haben als Reaktion auf die Einführung der Vorabpauschale zum 01.01.2018 ihre ETF-Produkte auf ausschüttend umgestellt. Die Investmentsteuerreform hat zur Folge, dass seit 2018 jährlich Steuern auf die Vorabpauschale vom Girokonto bezahlen müssen. Comstage möchte nach eigenen Angaben, seine Kunden dieser Tatsache nicht aussetzen und schüttet daher ab sofort Dividenden aus. Für Sparer, deren jährliche Kapitalerträge unter 801 Euro bleiben, bringt die neue Regelung keinen Vorteil. Im Gegenteil: Es wird ein um die Ausschüttungen reduzierter Betrag angelegt. Das ist kontraproduktiv für Anleger die einen langfristigen Vermögensaufbau betreiben.
Kann ich mich darauf verlassen das der aktuelle Abgeltungssteuersatz für meinen gesamten Anlagezeitraum gilt?
Nein. Vielmehr muss ein Anleger mit einem Anlagehorizont von beispielsweise 30 Jahren noch mit mehreren Steuerreformen rechnen. Der Finanzwesir, Albert Warnecke, rät dazu alle acht bis zehn Jahre einen größeren Kurswechsel einzuplanen 4
Beispielsweise wird immer wieder diskutiert, ob der Einkommenssteuersatz auch für Kapitalerträge gelten sollte. Personen mit einem hohen Einkommenssteuersatz müssten dann deutlich höhere Steuern zahlen, bis zu 45%. Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag von 2018 vereinbart, die Abgeltungssteuer auf Zinserträge abzuschaffen und mit dem individuellen einkommensabhängigen Steuersatz des Bürgers zu besteuern. 5
Disclaimer
Ich bin keine Steuerberaterin! Alle hier dargestellten Informationen werden mit größter Sorgfalt recherchiert. Dennoch kann ich keinerlei Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereit gestellten Informationen übernehmen. Informationen können fehlerhaft oder sogar falsch sein.
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- Bundesgesetzblatt, 2016 Teil I Nr. 36, ausgegeben zu Bonn am 26. Juli 2016↑
- Der Basiszins des Finanzministeriums darf nicht mit dem Basiszinssatz der Bundesbank (-0,88 Prozent in 2019) verwechselt werden. Der Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuches dient vor allem als Grundlage für die Berechnung von Verzugszinsen.↑
- Zinnecker, S., & Reuß, U. (2019). Quellensteuer. Was bei der Steuer auf ausländische Dividenden wichtig ist. https://www.finanztip.de/indexfonds-etf/quellensteuer/↑
- Finanzwesir, Beitrag Fondsbesteuerung 2018 – eine historische Betrachtung, https://www.finanzwesir.com/blog/reform-investmentsteuergesetz-2018↑
- CDU, CSU & SPD. (2018). Koalitionsvertrag. Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land.↑