Welche Bausteine sollen ins Portfolio? Jeder Anleger sollte sich ausführlich mit der Frage auseinandersetzen aus welchen Bausteinen (Assetklassen) sein Portfolio bestehen soll und dabei die folgenden Punkte berücksichtigen:
- Liquiditätsbedarf
- Anlagehorizont (bei einem langen Anlagehorizont kann ein höherer Anteil in risikobehaftete Assetklassen investiert werden)
- Risikotragfähigkeit (Risikotoleranz)
- Renditeerwartung
- Anlagevolumen (bei kleineren Volumina in wenige Assetklassen investieren)
(vergl. auch Kommer, G. (2018)*. Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen: Campus Verlag, S. 322)
Die Vermögensaufteilung (Assetallokation) ist nichts anderes als die richtige Mischung an unterschiedlichen Geldanlangen, die so diversifiziert sind, dass Sie Ihre Risiken senken und Ihre Rendite steigern.
Tony Robbins (2017)1
Das heißt, wir müssen uns mit den folgenden Themen auseinandersetzen:
- Rendite
- Risiko
- Diversifikation
Rendite
Welche Assetklasse hat in der Vergangenheit die höchste Rendite gebracht?
Historisch gesehen haben Aktien im Vergleich zu allen anderen Assetklassen (z.B. Immobilien oder Anleihen) die höchste Rendite erwirtschaftet. Die jährliche Rendite im langfristigen Durchschnitt für einen Aktien-Welt-ETF liegt real (inflationsbereinigt) bei 5% bis 6% 2. Für die USA lag die reale (inflationsbereinigte) Aktien-Rendite in den letzten 117 Jahren durchschnittlich bei 6,5% pro Jahr, für langfristige US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit zwischen 10 und 30 Jahre dagegen bei 2% und kurzfristige US-Staatsanleihen nur bei 0,8% pro Jahr (siehe Grafik). 3
Für Deutschland hat Gerd Kommer in seinem äußerst lesenswerten Buch „Souverän investieren“ die reale Rendite für verschiedene Assetklassen ermittelt. 4
Dimson und Kollegen erwarten für die Zukunft eine langfristige jährliche Aktien-Prämie gegenüber Cash von 3½%. Auch wenn dies enttäuschend wirken mag, bedeutet es doch eine Verdoppelung von Akteninvestitionen über 20 Jahre. 5
Risiko
Aus den obigen Ergebnissen ließe sich direkt ableiten, dass man sein gesamtes Vermögen in Aktien investieren sollte. Wäre da nicht die Tatsache, dass Rendite und Risiko direkt miteinander verknüpft sind. Ökonomen formulieren dies auch gerne so: ‚There ain‘t no free lunch‘ (frei übersetzt: ‚man bekommt im Leben nichts geschenkt‘). Wer höherer Rendite erzielen will, muss also mehr Risiko in Kauf nehmen. Risiko kann in der Finanzökonomie mit verschiedenen Kennzahlen dargestellt werden. Die mit Abstand am häufigsten ist die Volatilität (Standardabweichung oder Varianz). Sie zeigt die Schwankungsintensität eines Wertes innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
Weitere wichtige Risikokennzahlen:
- Maximaler (historischer) kumulativer Verlust (maximum Drawdown)
- Längste Verlustphase (Anzahl Monate oder Jahre mit der längsten historischen Null-Rendite)
- Die Sharpe-Ratio (risikoadjustierte Rendite)
(Vergl. Kommer, 2018, S. 86ff)
Leider haben Aktien also neben der höchsten Rendite auch die höchste Schwankungsintensität (Volatilität) gegenüber Anleihen und Immobilien.
IN ZAHLEN Seit dem Jahr 1900 hat der US-Markt durchschnittlich einmal pro Jahr um durchschnittlich 13,5% nachgegeben. 6
In den 115 Jahren zwischen 1900 und 2015 hat es 34 Bärenmärkte gegeben. Im Schnitt ereignet sich also fast jedes dritte Jahr ein Bärenmarkt. Während der Bärenmärkte hat der S&P 500 durchschnittlich 33% seines Wertes verloren. 7 In mehr als einem Drittel der Bärenmärkte ist der Index um mehr als 40% eingebrochen 7
Ein Einbruch des Portfolios um 30 oder sogar 40% ist für viele Anleger dramatisch. Wer beispielsweise fürs Alter vorsorgt, hat bei solchen Einbrüchen Angst, dass es jetzt nicht mehr reicht und sieht sich plötzlich mit Gelegenheitsjobs im Alter konfrontiert. Bei Korrekturen und Bärenmärkten verkaufen viele Anleger panisch, auch wenn sie vorher ihre Risikotragfähigkeit deutlich robuster eingeschätzt haben. Dies führt dazu, dass ein zunächst nur theoretischer Buchverlust, tatsächlich als Verlust realisiert wird.
Unterschied: Buchverluste versus realisierte Verluste.
Für manchen Leser mag es zu banal sein, aber wichtig ist sich den Unterschied zwischen Buchverluste versus realisierte Verluste ganz klar zu verdeutlichen. Buchverluste sind – anders als realisierte Verluste – ‚nur‘ Verluste auf dem Papier. Wer in Phasen niedriger Kurse nicht verkaufen muss, sondern warten kann bis die Werte wieder deutlich im Plus sind – und dies war in der Vergangheit immer der Fall – macht keine Verluste. Eine globale Asset-Klasse kann nicht Konkurs gehen, ein einzelnes Unternehmen oder ein einzelnes Land durchaus, wie auch eine einzelne Immobilie 100% des in ihr steckenden Eigenkapitals verlieren kann. 8
Um Verluste abzufedern, sollte man sein Portfolio diversifizieren.
Diversifikation
oder „Don’t put all your eggs in one basket”
Tony Robbins hat 50 Finanzexperten interviewt und dabei festgestellt, dass alle herausragenden Investoren geradezu obsessiv mit der Frage beschäftigt sind, wie sie ihr Portfolio am besten diversifizieren können, um ihre Rendite zu maximieren und gleichzeitig ihre Risiken zu minimieren. 9 Dabei geht es also um die Frage, wie Einbrüche des Portfolios minimiert werden können ohne dabei zu viel Einbuße auf der Renditeseite hinnehmen zu müssen.
Auch der Nobelpreisträgers Harry M. Markowitz zeigt in seiner Moderne Portfolio-Theorie 10, dass ein diversifiziertes Portfolio mit unterschiedlichen Geldanlagen jeder Investition in einzelne Anlage überlegen ist.
Das Portfolio sollte auf verschiedenen Ebenen diversifiziert sein:
- Diversifikation über verschiedene Assetklassen. Investieren Sie in Anlageklassen, die weniger als 90% miteinander korrelieren, beispielsweise in Aktien und Staatsanleihen
- Diversifikation innerhalb einer Assetklassen. Investieren Sie nicht Ihr gesamtes Geld in eine Aktie oder eine Immobilie.
- Diversifikation über Branchen, Länder und Währungen. Investieren Sie nicht nur in Deutsche Aktien in Euro oder nur in Technologie-Aktien.
- Diversifikation über Einstiegszeitpunkte. Investieren Sie ihre Anlagen über verschieden Zeitpunkte, damit wird das Risiko verringert zu einem schlechten Zeitpunkt, beispielsweise direkt vor einem Crash, mit seinem gesamten Kapital zu investieren.
(vergl. Robbins, 2017, S. 138)
Als Parameter dafür, ob Assetklassen als ‚Diversifizierer‘ (Risikosenker) für einander geeignet sind, dient die Korrelation. Je niedriger die Korrelation zwischen zwei Assetklassen, desto besser die Diversifizierung. Korrelationen können Werte zwischen -1 (die Assets variieren komplett gegensätzlich) und +1 annehmen (die Assets variieren absolut gleich). Schon ab einem Wert von 0.90 sind Korrelationen für ein Portfolio vorteilhaft und Korrelationen unter 0.5 sind als besonders attraktiv einzustufen. 11
Anleihen (Staatsanleihen höchster Bonität mit einer Laufzeit von ca. 3 Jahren) und Aktien (MSCI World) korrelierten in den letzten 20 Jahren (1997 bis 2016) mit -0.59 und sind daher sehr gute ‚Diversifizierer‘. 12 Volatilität und Korrelationen ändern sich deutlich mit der jeweiligen Marktphase 13 In der Finanzkrise 2008/2009 sanken die Korrelationen zwischen Aktien und Staatsanleihen höchster Qualität deutlich. Diese Diversifikation funktionierte also in der Krise mustergültig. 14
Man hört immer wieder, dass sich in einer globalisierten Welt die Assetklassen immer ähnlicher verhalten und immer weniger diversifizieren. Dass Korrelationen in den vergangenen 20 Jahren zugenommen haben stimmt zwar, es ist aber nicht ausgeschlossen, dass diese Zunahme sich wieder umkehrt. Generell schwanken Korrelationen im Zeitablauf und lassen sich nicht zuverlässig prognostizieren. 14
! MERKE !
Die richtige Balance zwischen Aktien, Anleihen und alternativen Investments ist die wichtigste Investmententscheidungen, die Sie treffen 15. Nichts im Portfolio hat mehr Einfluss auf die erwartete Rendite und das erwartete Risiko als die Zusammensetzung dieser Bausteine. 16
Anmerkung: Bei all Zahlen in diesem Beitrag muss natürlich beachtet werden, dass sie für die Vergangenheit gelten. Für die Zukunft können die Zahlen selbstverständlich anders aussehen. Sie hängen von politischen Rahmenbedingungen, Marktzyklen, Konsumverhalten und vielen anderen Parametern ab.
Referenzen
- Robbins, T. (2017). UNANGREIFBAR: Deine Strategie für finanzielle Freiheit: FinanzBuch Verlag, S. 126↑
- Kommer, G. (2018). Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen: Campus Verlag, S.212↑
- Dimson, E., Marsh, P., & Staunton, M. (2018). Credit Suisse Global Investment Returns Year Book 2018: Credit Suisse Research Institute Zurich↑
- Kommer, G. (2018). Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen: Campus Verlag, S.214↑
- Dimson, E., Marsh, P., & Staunton, M. (2019). Credit Suisse Global Investment Returns Year Book 2019: Credit Suisse Research Institute Zurich↑
- Robbins, T. (2017). UNANGREIFBAR: Deine Strategie für finanzielle Freiheit: FinanzBuch Verlag, S. 58-60↑
- Robbins, T. (2017). UNANGREIFBAR: Deine Strategie für finanzielle Freiheit: FinanzBuch Verlag, S. 68↑↑
- Kommer, G. (2018). Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen: Campus Verlag, S.84↑
- Robbins, T. (2017). UNANGREIFBAR: Deine Strategie für finanzielle Freiheit: FinanzBuch Verlag, S. 138↑
- Markowitz, H. (1952). Portfolio selection. The journal of finance, 7(1), 77-91↑
- Kommer, G. (2018). Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen: Campus Verlag, S. 253↑
- Kommer, G. (2018). Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen: Campus Verlag, S. 371↑
- Bissantz, N., Steinorth, V., & Ziggel, D. (2011). Stabilität von Diversifikationseffekten im Markowitz-Modell. AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv, 5(2), 145. doi: 10.1007/s11943-011-0101-7↑
- Kommer, G. (2018). Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen: Campus Verlag, S. 372↑↑
- Robbins, T. (2017). UNANGREIFBAR: Deine Strategie für finanzielle Freiheit: FinanzBuch Verlag, S. 167↑
- Kommer, G. (2018). Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen: Campus Verlag↑